Kenia

Kenia ist seit langem für viele deutsche Reisende ein beliebtes Urlaubsziel. Es locken die weißen Strände an der Küste um Mombasa und verständlicherweise ein kurzer Safariausflug. Schließlich möchte der Urlauber nicht ohne ein Foto von einem Löwen oder Elefanten nach Hause fliegen. Vielleicht lag es daran, dass Kenia für uns zu einem der letzten Ziele im östlichen Afrika wurde. Wir hatten höllischen Respekt vor all den Kenia-Begeisterten.

Heute wissen wir es besser. Selbstverständlich hat niemand die Massai Mara für sich alleine, schon gar nicht zur großen Gnu-Wanderung am Mara-River. Dann ist Einsamkeit Luxus.

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Doch in Regionen um den Mount Elgon oder am Victoriasee im Westen Kenias ist der Reisende eher „unter sich“. Dort braucht er sich nicht zu wundern, wenn auf der Speisekarte 10 Gerichte stehen, aber nur eins verfügbar ist. Alles sehr entspannt. Gedenkt der Mitteleuropäer mit Messer und Gabel zu essen, sollte er das besser gleich dem Service sagen und nicht entsetzt sein, wenn es die anderen Gäste nicht tun. Außerhalb der Nationalparks gibt es wirklich gute Gelegenheiten, Land und Leute ein bißchen besser kennen zu lernen.

Nichtsdestotrotz haben uns unsere ersten 12 Tage in der Massai Mara davon überzeugt, dass Kenia so etwas wie ein Paradies für Tierfotografen sein muss, sofern man sich für afrikanische Wildtiere interessiert. Was die grandiosen Tiererlebnisse trübt, ist die Tatsache, dass man leider nicht an allen Spots gleichzeitig sein kann. Dafür gibt es abends am Lagerfeuer ausreichend Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Spätestens dann wird klar, was man selbst oder die anderen alles nicht gesehen haben.

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Es macht sehr viel Sinn, sich ausschließlich auf die Fotografie zu fokussieren und im Vorfeld einen guten Fahrer zu organisieren, der die Gegend und die Tiere wie seine Westentasche kennt. Sinnvoll ist ein Jeep zur individuellen Nutzung. Wir kennen nur zu gut das Dilemma bei Reisen in Eigenregie: Wir sind von A nach B unterwegs. Der Fahrer konzentriert sich auf den meist ehrgeizigen Untergrund, der Beifahrer bildet sich ein, er hat fototechnisch alles im Griff. Bis auf den Platzmangel für die Fotoausrüstung in der Fahrerkabine. Plötzlich ergibt sich unterwegs eine interessante Fotosituation. Nun ist Reaktionsgeschwindigkeit auf dem räumlich sehr begrenzten Beifahrersitz und zeitgleich ein gefühlvolles Bremsmanöver seitens des Fahrers angesagt. Das klappt selten optimal, schon gar nicht auf Sand- und Schlammpisten. Der Ärger in solchen Situationen ist vorprogrammiert. Es fällt uns oft nicht leicht, zwischen Self-Driving mit Einsamkeit oder Fahrerluxus mit etwas Geselligkeit zu entscheiden. Bisher gewann meist doch die erste Variante.

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Inzwischen haben wir mehrfach die Massai Mara bereist. Stets mit Fahrer und einem Jeep mit viel Bewegungsfreiheit und Platz für unsere Ausrüstung. Nachdem Canon bei der Reinigung der Kameras vorsichtig fragte, wo wir denn gewesen seien (alles sei extrem verstaubt), haben wir uns einen dritten Body zugelegt. Jetzt brauchen wir die Objektive seltener wechseln. Unsere Kameras werden es uns hoffentlich mit einer längeren Lebensdauer danken.

Beim Trekking in Kenia ist Staub zum Glück keine Herausforderung. Zu solchen Anlässen stellt sich eher die Frage, was nehme ich alles an Kamera-Equipment mit, denn einer muss es schließlich ein paar tausend Höhenmeter nach oben schleppen. Noch schwieriger wird es, wenn wir beide an unterschiedlichen Plätzen fotografieren: einer ist beim Trekking und der andere auf Safari. Spätestens dann entbrennt der Kampf um die Landschafts-Objektive. Inzwischen haben wir Abhilfe geschaffen und unserem Lieblingsfotoladen in Düsseldorf zu noch mehr Umsatz verholfen. Das bedeutet aber auch: mehr Equipment, mehr Gewicht. Wenn wir in der Massai Mara unterwegs sind, fragen wir uns an einem Leoparden-Spot mit 10 und mehr Jeeps oft: Wie machen das die anderen mit dem Hand- und Fluggepäck? In den Nachbar-Fahrzeugen sind selten unter 20 kg Ausrüstung pro Person versammelt.

Hier geht es nicht mehr nur um das Tier, sondern wer die teuerste Kamera, das gewaltigste Objektiv und damit die meiste Kohle hat. In solchen Momenten ist Menschenbeobachtung nicht selten unterhaltsamer als Tierbeobachtung. Schade, dass auch wir den Beteiligten nur bis vor den Kopf schauen können. Beim Blick auf das größere Tele des Nachbarn müssen sich in den Köpfen wahre Dramen abspielen.

Wir sind immer dann neidisch, wenn wir in der Mara Film-Teams von BBC sehen. Für 3 Monate und länger dürfen sie von morgens bis abends Tiere filmen. Permanentes Glücksgefühl! Und das mit unverschämt gutem Equipment.

Wir haben das Glück, für eine Woche die Filmaufnahmen von der Gepardenmutter Maleika und ihren Jungen aus nächster Nähe zu verfolgen.

Maleika ist berühmt geworden, weil sie Jeeps liebt. Gerne erklimmt sie die Dächer von diesen und genießt von dort oben die Sicht auf ihr Jagdgebiet. Steckt der Tourist in solch einer Situation seinen Kopf aus der Dachluke, kommt er einer wilden Gepardin auf Pelzfühlung nahe. Für beide Seiten nicht ohne Risiko. Vor allem dann, wenn es die Jungen ihrer Mutter gleich tun. Hyänen sind schlau und schleichen sich zwischen den drum herum stehenden Fahrzeugen an. Bei Dämmerung müssen die Fahrer zurück in die Camps. Maleika und die Kids müssen „ihren“ Jeep zwangsläufig verlassen und sind den wartenden Hyänen schutzlos ausgeliefert. Auf diese Weise hat Maleika bereits Junge verloren. Für Touristen eine Gaudi, für die Geparden lebensgefährlich. Daher ein fragliches Vergnügen.

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